!!! Schaut Euch hier die Bilder dieses tollen Konzertabends an 🙂 !!!
Die Legende lebt! – KIWISEX live in der Räuberhöhle!
Dieses Jahr wartet der Sommer mit einer musikalischen Sensation auf.
Am Montag, 14.08.2017 spielt die Band „KIWISEX“ ihr erstes Konzert, seit über 25 Jahren. Stattfinden wird dieses Highlight in der Kultkneipe Räuberhöhle in Ravensburg.
KIWISEX war in den 80iger Jahren sicher die wildeste und abgefahrenste Independent-Band Oberschwabens. An ihr scheiden sich bis heute, wie bei keiner anderen Musikgruppe, die Geister. Frech, laut und rebellisch war ihr Markenzeichen. Legendär war ihr Auftritt beim Umsonst & Draußen-Festival in Bad Waldsee. Neben jeder Menge alter Fernseher, die durch ihr ständiges Rauschen auf der Bühne Kritik an der medialen Verblödung der Gesellschaft äußern sollten, prangten am Bühnengerüst zwei abgeschlagene Stierköpfe. Beim Konzert selber übergoss sich Sänger Johnny Morphin, alias Johnny Sturm, mittlerweile langjähriger Betreiber der Disco DOUALA in Ravensburg, mit roter Dispersionsfarbe und verwandelte so den Auftritt in eine „Schlachthof anonym Performance“. Ein Teil der Besucher, vor allem Eltern mit kleinen Kindern, waren entsetzt über den anarchistischen Auftritt. Bespritzt mit „Stierblut“ erstatteten sie Anzeige. Um vor dem Konzert an die Stierköpfe zu gelangen, musste damals Johnny den Kopfschlächtern im Ravensburger Schlachthof bei der Arbeit zusehen. Nach dem Skandalkonzert gingen die zwei Stierkopfe mit KIWISEX auf die Sommertour nach Hamburg. Nur in leere Ölfässer gepackt und mit einem Deckel verschlossen, wurden sie bei sommerlichen Temperaturen, bei den folgenden Konzerten zu wahren Gestankexponaten.
Aber nicht nur durch schräge Töne und skurrile Auftritte machte sich die Band einen Namen. Als Johnny wiederholt von großen, interessierten Plattenfirmen eine Absage per Brief erhielt, stand jedes Mal auf der Briefunterseite der Spruch der Musikbranche
„HOME TAPING IS KILLING MUSIC“. Aus Frust über die Scheinheiligkeit der Plattenfirmen kreierte er spontan den Spruch „HOMEFUCKING IS KILLING PROSTITUTION“. Dieser erlangte schnell bundesweite Popularität. Noch heute gibt es Kneipen auf dem Kiez in St. Pauli, wo der Aufkleber an der Theke prangt. Nochmals abgewandelt wurde später der Spruch durch den legendären Ravensburger Friseur Gerhard Jeschke, der daraus „HOMECUTTING IS KILLING SALON JESCHKE“ machte.
In den 80igern durchlebte KIWISEX viele Umbesetzungen. Immer war das Geld knapp und Plattenveröffentlichungen standen meist auf der Kippe. Die Veröffentlichung der erste Single von KIWISEX „Tele-Communication“ war Alex Köberlein von Grachmusikoff/Schwoißfuaß zu verdanken. Es folgten vier weitere Singles und eine LP. Nicht nur in Hamburg gab „KIWISEX“ Konzerte, sondern in Europa und Übersee. Dazu gehörten Auftritte in London und New York. Johnny „Morphin“ hatte als Cosmopolit zeitweise sogar seinen Wohnsitz in London.
Beim Konzert in der Räuberhöhle, werden zwei Bandmitglieder von der damaligen Besetzung, die meist als Trio auftrat, auf der Bühne stehen. Johnny als Sänger und Joe O Miller aus Kempten am Bass. Verstärkt werden sie durch Cryil an Gitarre und Keybord und einem Schlagzeuger. Musikalisch werden sie den Abend mit handgemachtem Indierock, angelehnt an Audioslave und Soundgarden, sowie elektronischen Backbeats, bestreiten. Für alle Besitzer von einem KIWISEX-Vinyltonträgern gibt es an diesem Abend die besondere Aktion diese signieren zu lassen!
Aber es ist ja nicht so, dass Johnny seit 25 Jahren von der Bühne vollkommen verschwunden wäre. Mit seiner Elektro-/Technogruppe „KX Noizsystem“ tourte er als Zwei- oder Dreimannband, seit den 90iger Jahren, durch Clubs und Discos. Insgesamt veröffentlichte er mit „KX Noizsystem“ in 17 Jahren 18 Singles und EP’s. So gehörten auch Auftritte in seinem eigenen Club DOUALA dazu, den er nunmehr seit 22 Jahren betreibt. Johnny ist ein wahrer Network-Künstler. Anfang der 90iger brachte er seine eigene Independent-Musikzeitung, mit dem Namen „STRICH“ heraus, die wöchentlich erschien und im gesamten deutschsprachigen Raum verteilt wurde. Produziert wurde das Magazin in der berüchtigten WG in der Villa in der Federburgstraße. Eigentlich wohnten dort nur sechs bis acht Leute. Meist nächtigten aber dann doch über 20 Leute und das gleich über einen längeren Zeitraum hinweg. So war die Produktion des Magazins durchweg chaotisch. Eigentlich sollte sich die Zeitung über Anzeigen finanzieren. Nach 17 Ausgaben war dann Schluss. Aber die zahlreichen Kontakte zu Musikern blieben bestehen und der Kultstatus von KIWISEX tat sein übriges. So ist es nicht verwunderlich, dass sich bereits viele Musikgrößen und DJ im DOUALA die Klinke in die Hand gaben. Mit dabei so namhafte Namen wie Fritz Kaltbrenner, Marten Hørger, Dr. Motte, Robin Schulz, The Young Gods, Die Goldene Zitronen, Enno & Hayo von Deichkind, Monika Kruse, Smudo, Klangkarussell, Ata, u.v.m.
Ein weiteres markantes Projekt von Johnny, an das sich viel ältere Mitbürger in Oberschwaben gerne erinnern, war in den 80-iger Jahren das „Institut für Nachtfalterforschung“. Im damaligen alten WLZ-Gebäude In Ravensburg, direkt gegen über dem Bahnhof, war es ein Treffpunkt für alle Nachtschwärmer. Eigentlich gedacht als Proberaum für KIWISEX, fanden dort regelmäßig Partys bei Kerzenlicht statt. Die einzige Steckdose in dem Kellerraum, der nur über eine zweigeschossige Wendeltreppe zu erreichen war, gehörte einem Flipper. An diesem wurden mit Kassettenrekorder die ersten Samples für die erste KIWISEX-Schallplatte aufgenommen. Geprobt wurde übrigens in dem Keller nie.
All die Geschichten rund um Johnny Sturm und KIWISEX würden diesen Beitrag sprengen. Umso mehr darf man gespannt sein, wie sich die Altmusiker am Montag, 14.08.2017 ab 19 Uhr in der Räuberhöhle präsentieren.
Text: Made Höld